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Smartphone-Produzent baut E-Auto: Chinesischer Techriese greift Autobauer an

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Smartphone-Produzent baut E-Auto: Chinesischer Techriese greift Autobauer an

Zum ersten Mal verkauft ein Smartphone-Hersteller unter eigenem Namen ein Auto. Xiaomi aus China ist bereits der drittgrößte Handyproduzent der Welt. Seine Auto-Ziele sind ambitioniert. Gelingt ihm als erstem Techkonzern der Durchbruch als Autobauer?

Ab sofort können Kunden in China aus dem Hause Xiaomi nicht mehr nur Smartphones und Elektrogeräte kaufen, sondern auch ein selbst entwickeltes Elektroauto: den SU7. Produziert wird die Limousine gemeinsam mit dem staatlichen chinesischen Autobauer BAIC, die Batterien liefern BYD und CATL. Xiaomi-Chef Lei Jun will nicht weniger, als in den kommenden 10 bis 20 Jahren einer der fünf größten E-Auto-Hersteller der Welt zu werden und damit auch BMW und Mercedes abzuhängen. Das wird schwierig, aber nicht unmöglich.

Xiaomi kommt als neuer Player relativ spät auf den schon jetzt hart umkämpften chinesischen Automarkt. “Der Erfolg hängt nun sehr vom Mehrwert ab, den Xiaomi bieten kann – zu einem wettbewerbsfähigen Preis”, sagt Branchenexperte Stefan Bratzel im Gespräch mit ntv.de. “Nicht viele der Dutzenden Hersteller in China werden überleben.” China ist der größte Markt für Elektroautos weltweit. BYD und Tesla liefern sich dort ein Kopf-an-Kopf-Rennen, während deutsche Hersteller abgeschlagen hinterherfahren.

Punkten kann Xiaomi mit der Vernetzung von Auto und Handy, also einem Ökosystem für beide Bereiche. “Es wird sich zeigen, ob dieser Mehrwert groß genug ist”, erläutert Bratzel, der das Center of Automotive Management an der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach leitet. Als drittgrößter Smartphone-Hersteller der Welt bietet Xiaomi mit einer eigenen Software bereits ein eigenes “Universum”, ähnlich dem von Apple, wie Autoexpertin Beatrix Keim im Interview mit ntv erklärt. Auch die schicken, in Weiß gehaltenen Läden von Xiaomi erinnern Keim vom Duisburger CAR-Institut an Apple. Die Chinesen haben allerdings mit ihren Elektro- bis hin zu Haushaltsgeräten ein breiteres Portfolio als die Amerikaner.

Vertrauensvorschuss der Kunden

Die Kunden vertrauen Xiaomi, wie Keim berichtet. Im Gegensatz zu vielen Startups für E-Autos oder Ausgründungen aus chinesischen Staatsunternehmen sei Xiaomi schon immer im digitalen Bereich – genauer im Internet der Dinge – aktiv und fest etabliert, nachdem es 2010 gegründet wurde. Während andere chinesische E-Autobauer in erster Linie Wagen im mittleren und unteren Segment anbieten, greift Xiaomi in der Premiumklasse an. Vor allem Tesla hat der Konzern im Visier. Je nach Ausstattung soll ein Xiaomi umgerechnet zwischen 27.700 und 39.000 Euro kosten und bis zu 800 Kilometer Reichweite haben. Keim rechnet Xiaomi auch wegen dessen Fertigungstiefe und dem Zukauf eines Unternehmens fürs autonome Fahren Chancen aus.

Zunächst werden die Autos von Xiaomi nur in China zu kaufen sein. Keim kann sich aber vorstellen, dass schon im nächsten Jahr der Sprung auf weitere Märkte ansteht. Dabei haben sich andere Techkonzerne wie Apple, Google, Baidu oder Huawei ebenfalls als Autobauer versucht, spielen nun aber eher als Zulieferer eine wichtige Rolle. Bei der Kooperation von Sony und Honda blieb es bisher bei Ankündigungen. “Das zeigt, dass es nicht einfach ist, zum Autobauer zu werden”, sagt Bratzel.

Apples Auto ist gescheitert

Baidu und Huawei mischen hier zwar mit, allerdings ebenfalls in Kooperationen und nicht unter ihrem Namen. Apple hat seine Pläne für ein selbstfahrendes Auto gerade begraben. “Apple hatte hohe Ansprüche mit einem autonomen, elektrischen sowie vernetzten Auto – und gesehen, dass sich ein Mehrwert gegenüber den etablierten Herstellern so schnell nicht realisieren lässt”, resümiert Bratzel. Die von iPhones gewohnten hohen Renditen lassen sich mit Autos ebenso wenig erzielen.

Will sich Xiaomi als Autobauer etablieren, braucht es einen langen Atem und hohe Stückzahlen, wie Bratzel betont. Tesla hat beides schon jetzt. In ein bis zwei Jahren sollte Klarheit über Xiaomis Chancen herrschen. Gelingt der Sprung zum Autohersteller, dürfte dieser auch nach Europa drängen.

This article was first published at www.n-tv.de