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Showdown im Juni?: Banken stecken in der Russland-Falle

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Showdown im Juni?: Banken stecken in der Russland-Falle

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Vor allem Finanzinstitute aus Deutschland, Österreich und Italien sind immer noch mit umfangreichen Krediten an russische Schuldner gebunden. Nun steigt der Druck, sich endgültig aus dem Land zurückzuziehen – unter Schmerzen.

Als Russland im Februar 2022 die Ukraine angriff, standen die westlichen Banken in Moskau vor einer schwierigen Entscheidung: Entweder sie zogen sich so rasch wie möglich aus Russland zurück und gaben damit auch vom einen Tag auf den anderen das oft lukrative Geschäft dort auf. Oder sie blieben – in der Hoffnung, irgendwann wieder normal arbeiten zu können. Mehr als zwei Jahre später zeigt sich nun, dass die zweite Variante ein Fehler war – und das betrifft auch deutsche Banken.

Wie Eric Dor von der Wirtschafts-Hochschule IESEG in Lille in einer aktuellen Studie mit Bezug auf Daten der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) nachweist, verabschiedeten sich vor allem Banken aus Großbritannien, Frankreich und der Schweiz sehr entschlossen aus Russland. Institute aus diesen drei Staaten haben ihr ausstehendes Kreditvolumen in Russland bis heute um jeweils über 80 Prozent reduziert.

Deutlich zurückhaltender waren hingegen Banken aus Österreich, Italien, Deutschland und den USA. So sind deutsche Finanzinstitute wie die Commerzbank und die Deutsche Bank nach Berechnungen Dors noch mit etwa 60 Prozent ihrer Kredite in Russland gebunden – auch wenn sie schon lange kein operatives Geschäft mehr betreiben. Österreichische hängen sogar mit fast 80 Prozent fest, darunter auch die Raiffeisen Bank International, bei der das Russlandgeschäft immer eine große Rolle gespielt hatte. “Diese Banken entschlossen sich zu bleiben, solange sie Kunden hatten, die dort nichtsanktionierte Geschäfte betrieben. Das war eine bewusste Entscheidung”, sagt Dor zu “Capital”. “Jetzt versuchen sie rauszukommen. Aber nun ist es viel, viel schwieriger.”

Es sind mehrere Faktoren, die den Druck auf die Verbliebenen erhöhen. Ende 2023 verkündete die US-Regierung eine neue Runde von Sekundärsanktionen, mit denen auch ausländische Banken bestraft werden, wenn sie Handelsgeschäfte mit Russland erleichtern, bei denen die Produkte auch militärisch genutzt werden können.

Chinesen ziehen sich zurück

Seitdem fliehen sogar chinesische Banken aus dem Reich des eigentlich mit Peking verbündeten Wladimir Putin. Auch die Europäische Zentralbank will erreichen, dass die Banken der Eurozone sich aus Russland verabschieden und könnte demnächst die Raiffeisenbank dazu zwingen, ihr dortiges Kreditvolumen einzudampfen. Zugleich aber zieht auch der Kreml die Daumenschrauben an und hat begonnen, im Zuge des Wirtschaftskrieges mit dem Westen die Vermögenswerte westlicher Unternehmen einzufrieren – darunter auch deutsche Banken.

Die Institute stecken somit in einer Falle, aus der es keinen schmerzlosen Ausweg gibt. “Da sind einerseits die Sanktionen der USA und der EU, die die Banken daran hindern, mit vielen Russen Geschäfte zu machen. Die Möglichkeiten, ihre Vermögenswerte zu verkaufen, sind also sehr eingeschränkt”, sagt Dor. “Und da sind außerdem die Restriktionen durch die russische Regierung, die einem Verkauf zustimmen müsste und die Situation natürlich ausnutzt. In dieser Lage einen guten Preis zu bekommen ist unmöglich.”

Die Situation ist für die Banken umso schmerzhafter als sie auf dem Papier zum Teil gutes Geld in Russland verdienen – da die russische Zentralbank hohe Zinsen auf die Einlagen der Institute zahlt. Geld allerdings, das sich wohl niemals mehr auf einem westlichen Konto verbuchen lässt.

Zum Showdown könnte es für manche schon im Juni kommen, wenn sich die G7-Staaten zum Gipfel im italienischen Fasano treffen. Auf den Tisch kommen dann sowohl die Aktivitäten der westlichen Banken in Russland als auch mögliche Pläne, russische Auslandsgelder zu nutzen, um die Ukraine militärisch in ihrem Abwehrkampf zu unterstützen. Ab dann dürfte es noch schwieriger werden, sein Geld aus Russland herauszubekommen – wenn nicht sogar unmöglich.

Dieser Text erschien zuerst bei capital.de

This article was first published at www.n-tv.de