Restaurants ächzen unter MwSt.: Gegessen wird offenbar wieder mehr zu Hause

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Seit Januar fallen auf Speisen im Restaurant wieder 19 Prozent Mehrwertsteuer an, die coronabedingte Schonfrist ist vorbei. Das Ausmaß der Folgen ist noch nicht absehbar. Eins aber steht fest: Die Gäste müssen noch tiefer in die Tasche greifen – und überlegen sich dies deshalb wieder mehr.

Mit den ersten Frühlingstagen füllen sich zwar wieder die Terrassen von Cafés und Restaurants, allerdings deuten sich auch erste Folgen der Rückkehr zum normalen Mehrwertsteuersatz in der Gastronomie an. Während Gaststätten ihre Preise zu Jahresbeginn noch einmal deutlich angehoben haben, ist der Umsatz der Branche im Vergleich zum Vorjahresmonat nur minimal gestiegen, preisbereinigt sogar um mehr als zwei Prozent gesunken, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Heißt: Ein Teil der Restaurants hat weniger Gäste, und diese bestellen teils weniger oder preisbewusster.

Dabei zeigen sich innerhalb der Branche große Unterschiede. Vor allem im ländlichen Raum beklagen Lokale weniger Gäste, wie die Geschäftsführerin des Branchenverbands DEHOGA, Ingrid Hartges, im Gespräch mit ntv.de berichtet. Diese Entwicklung hatte bereits vor der Abkehr vom reduzierten Mehrwertsteuersatz eingesetzt, Ökonomen verweisen auf einen Strukturwandel.

Seit Jahresbeginn fallen auf im Restaurant verzehrte Speisen wieder 19 statt 7 Prozent Mehrwertsteuer an. Zuvor hatte die Branche für diesen Fall 12.000 Betriebsschließungen sowie einen Preisschock für die Gäste prognostiziert. Ob tatsächlich mehr Betriebe schließen müssen als bisher, werden die kommenden Monate zeigen. Der Preisanstieg ist aber bereits sichtbar: So kostete eine Hauptspeise im Restaurant im Januar durchschnittlich 3,5 Prozentpunkte mehr als noch im Dezember. Im Vergleich zu 2020 war sie ein Viertel teurer, die Kosten fürs Essengehen stiegen damit stärker als die Verbraucherpreise insgesamt.

Mehrheit der Gaststätten erhöht die Preise

“Die höhere Mehrwertsteuer ist eine große Herausforderung für die Betriebe”, sagt Hartges. Sie verweist auf die deutlich gestiegenen Kosten für die Gastronomen: Neben höheren Energie- und Personalkosten sind vor allem Lebensmittel seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs um ein Viertel teurer geworden. Die Preise für Gaststätten-Dienstleistungen stiegen in dem Zeitraum weniger stark, wie der Verband betont. Im Januar waren es demnach gut 18 Prozent im Vergleich zum Januar 2022.

Für Speisen zum Mitnehmen und bei einer Lieferung gilt weiter der ermäßigte Steuersatz. “Steuerfairness sieht anders aus”, findet Hartges. Infolge der wieder höheren Mehrwertsteuer fürs Essen vor Ort hat ihr zufolge die Mehrheit der Restaurants ihre Preise erhöht, aber nicht alle. Einige hatten das absehbare Ende des Steuerermäßigung bereits einkalkuliert und ihre Preise im Herbst angehoben. Bei anderen steht die Preiserhöhung noch aus. “Ein Teil der Betriebe hat im Januar, dem ohnehin schon umsatzschwächsten Monat des Jahres, nicht erhöht und tut das erst zwischen Februar und April”, erklärt Hartges. “Andere haben die Steuererhöhung im Januar eins zu eins weitergegeben.”

DEHOGA-Geschäftsführerin Ingrid Hartges sieht die Gastronomie vor großen Herausforderungen.

(Foto: picture alliance/dpa)

Allerdings werden nicht alle Restaurants die wieder höhere Mehrwertsteuer voll an die Kunden weitergeben. DIW-Ökonom Marcel Fratzscher beispielsweise rechnete mit einem Preisanstieg von rund zehn Prozent für die Kunden.

Umsätze noch deutlich unter Vor-Corona-Niveau

Die Branche klingt trotzdem etwas weniger pessimistisch als noch in den vergangenen Monaten. Viele Kunden zeigen Hartges zufolge Verständnis und gehen trotz der gestiegenen Preise ins Restaurant. “Die Betriebe werden gebraucht, auch als sozialer Treffpunkt”, sagt die Verbandschefin. Sie vergleicht die dortige Auszeit vom Alltag sogar mit einem kleinen Urlaub.

Die Gastronomie zählte zu den größten Verlierern der Corona-Pandemie, rund 25.000 Unternehmen mussten in den beiden Jahren für immer schließen. Trotz staatlicher Hilfen wie Zuschüsse und Kredite, Kurzarbeitergeld und nicht zuletzt die Absenkung der Mehrwertsteuer auf Speisen von 19 auf 7 Prozent. In diesem Januar lag der Umsatz der Branche laut Statistischem Bundesamt inflationsbereinigt immer noch 14 Prozent unter dem Vorkrisenniveau von 2019. Allerdings haben sich Restaurants in Großstädten einer Studie des IFO-Instituts zufolge bereits erholt, ihre Umsätze liegen preisbereinigt über dem Vor-Corona-Niveau.

Im ländlichen Raum steht die Gastronomie teils deutlich schlechter da als in den großen Städten. Da die Branchenumsätze insgesamt noch unter dem Vor-Corona-Niveau liegen, in den kaufkraftstarken Metropolen aber darüber, müssen zahlreiche Lokale weiterhin zu kämpfen haben. In den Augen von Ökonomen ist die Begründung für eine niedrigere Mehrwertsteuer mit dem Ende der Pandemie allerdings entfallen. Der Strukturwandel der Branche dürfe nicht von Dauersubventionen begleitet werden. Denn da die durchschnittlichen Ausgaben für Restaurantbesuche mit dem Haushaltseinkommen steigen, begünstigte die niedrigere Mehrwertsteuer wohlhabende Haushalte stärker als ärmere. Das sei sozial problematisch, hatte etwa das Leibniz-Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung Mannheim (ZEW) erklärt.

This article was first published at www.n-tv.de

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