Konzern mit gemischtem Fazit: Wissing: Bahn hat sich zur EM übernommen – Netz ist überlastet

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Zwölf Millionen Fernreisende während der EM, allein im Nahverkehr täglich dreieinhalb Millionen Menschen: Die Bahn war während des Turniers am Anschlag – und oft überfordert. Verkehrsminister Wissing beklagt nun, dass vieles nicht der Anspruch Deutschlands sein könne. Massive Investitionen ins Netz sollen die Lage bessern.

Die Deutsche Bahn hat sich bei der Fußball-Europameisterschaft aus Sicht von Verkehrsminister Volker Wissing zu viel zugemutet. “Was den Fans teilweise widerfahren ist, entspricht nicht dem Anspruch Deutschlands und nicht dem Anspruch, den ich an unsere Verkehrsinfrastruktur habe”, sagte er der “Welt am Sonntag” laut Vorabbericht. “Mit der Ankündigung, während der EM täglich 10.000 zusätzliche Sitzplätze im Zugverkehr zur Verfügung zu stellen, hat sich die DB übernommen.” Sicher sei die Absicht dahinter gut gewesen. Das Netz könne im derzeitigen Zustand diese zusätzlichen Kapazitäten allerdings nicht bewältigen.

Der häufige Starkregen in den ersten Turnierwochen habe die Situation noch verschärft. “Für solche Extremwetterlagen ist das Netz nicht ausgelegt, weil die Entwässerungssysteme diese Wassermassen nicht aufnehmen können”, sagte Wissing.

Nach Angaben der Bahn sind seit Beginn des Turniers zwölf Millionen Reisende allein mit den ICE- und IC-Zügen unterwegs gewesen, weitere 3,5 Millionen hätten täglich den Nahverkehr genutzt. Rund 150.000 Beschäftigte des Konzerns hätten alles dafür getan, “dass viele Millionen Fans und die Mannschaften sicher und zuverlässig zu den Spielen reisen konnten”, sagte Bahn-Chef Richard Lutz. Dies sei “angesichts der heftigen Belastungen der Bahn durch Extremwetter kurz vor und während der EM ein echter Kraftakt” gewesen.

Mit Blick auf die Pünktlichkeit im Fernverkehr zog der Konzern derweil ein gemischtes Fazit. Es sei “das Maximum aus dem Bahnsystem herausgeholt” worden, “die Möglichkeiten wurden jedoch durch eine veraltete und überlastete Infrastruktur beschränkt”. Hinzu seien vor allem auf der Nord-Süd-Route Hochwasserschäden gekommen. Am Ende seien täglich mehrere Hundert ICE-Züge umgeleitet worden.


“Zum Pech kam noch ein Unglück”

Bahn-Infrastrukturvorstand Berthold Huber erklärte: “Wir haben wirklich alles getan, was man tun konnte. Wir haben alle Baustellen, die nicht nötig gewesen sind, verschoben, abgesagt, um die Infrastruktur zumindest so wenig beeinträchtigt zu haben, wie es geht”, sagte er dem Deutschlandfunk. Manchmal käme zum Pech aber noch Unglück. “Wir hatten dann ja das Hochwasser, was uns vor allem zwischen Würzburg und Nürnberg einen Damm mehr oder weniger weggespült hat.”

Das ändere allerdings nichts daran, dass die Bahn strukturelle Gründe wie die Erneuerung der Infrastruktur angehen müsse. “Eines, glaube ich, hat die Fußball-Europameisterschaft deutlich gemacht”, betonte Huber. “Dass die Infrastruktur deutlich an der Grenze ihrer Belastbarkeit ist, vielleicht sogar darüber hinaus.”

Der Minister kündigte Besserung an. An diesem Montag beginnt die Sanierung der sogenannten Riedbahn zwischen Frankfurt und Mannheim, einer von 41 stark frequentierten Korridoren, die in den kommenden Jahren rundum erneuert werden sollen. Dafür werden die Strecken für die Bauarbeiten über Monate vollständig gesperrt.

Die Bauindustrie äußerte indes Zweifel, ob alle Strecken bis 2031 wirklich modernisiert werden können. “Die Unternehmen können bis heute noch keine realistische Kapazitätsplanung machen, da Politik und DB sich nicht einig sind”, sagte der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie, Tim-Oliver Müller, der “Welt am Sonntag”. Er sei sich deswegen “mittlerweile sehr sicher, dass bis 2031 nicht alle derzeit geplanten 41 Korridorsanierungen abgeschlossen sein werden” Es sei sinnvoll, das gesamte Vorhaben zeitlich zu dehnen.

This article was first published at www.n-tv.de

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