IPO war für New York geplant: Londoner Börse ist für Shein nur die zweite Wahl

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Der Billigmodehändler Shein weicht für seinen Börsengang von New York nach London aus. In den USA hatte die Börsenaufsicht gegen die Pläne Widerspruch eingelegt. Die London Stock Exchange zieht mit Shein zwar ein Schwergewicht an Land – doch es bleibt ein fader Beigeschmack.

Der umstrittene Fast-Fashion-Händler Shein strebt in London an die Börse. Schon in der kommenden Woche könnte das Unternehmen aus China die entsprechenden Unterlagen vertraulich bei der Börsenaufsicht einreichen, berichtete “Sky News” unter Berufung auf mit den Plänen vertraute Personen. Der für günstige und schnell wechselnde Kollektionen bekannte Online-Händler strebt demnach eine Bewertung von 50 Milliarden Pfund (umgerechnet rund 58,7 Milliarden Euro) an. Shein war laut Reuters für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Das Unternehmen will seine Aktien in London an Stelle von New York an die Börse bringen. In den USA legte die Börsenaufsicht gegen diese Pläne Widerspruch ein, wie Mitte Mai Reuters unter Berufung auf mehrere mit der Angelegenheit vertraute Personen berichtete. Seinerzeit hieß es, der Online-Händler wolle die chinesischen Behörden über die Planänderung informieren und den Antrag bei der LSE einreichen. Mitte Mai lag die Firmenbewertung laut Reuters noch bei umgerechnet 61 Milliarden Euro.

Für die London Stock Exchange (LSE) wäre ein IPO von Shein ein Erfolg, nachdem sie zuletzt einige Absagen erhalten hat. Der Chiphersteller ARM aus Cambridge bevorzugte die Börse in New York für seinen Börsengang. Dorthin war aus London auch die Notierung des irischen Baukonzerns CRH abgewandert, während der Reisekonzern Tui London zugunsten von Frankfurt verließ.

Intransparenz gilt auch für Geschäftsdaten

Die LSE würde mit Shein zwar ein Schwergewicht an Land ziehen, es bliebe aber der Makel “nur zweite Wahl zu sein”, sagt Susannah Streeter, Analystin beim Broker Hargreaves Lansdown. Vor rund einem Jahr war das Unternehmen noch mit rund 100 Milliarden Dollar bewertet worden, und vor kurzem geisterte noch ein Firmenwert von rund 90 Milliarden Dollar durch die Welt.

IPOs sind ein wichtiges Geschäft für Investmentbanken, Juristen und Kommunikationsagenturen, für Privatanleger hingegen meist ein schlechtes Geschäft. Für Anleger sind Börsengänge in Deutschland oft ein schlechtes Geschäft. Die Mehrheit der hier gestarteten Aktien laufen seither schlecht, ein Drittel von ihnen hat sogar mehr als 50 Prozent an Wert verloren. Es gibt aber auch große Gewinner. Nach früheren Aussagen anderer Insider hatte Shein Ende 2023 vertraulich einen Börsengang in den USA beantragt. Das in China gegründete und nun in Singapur ansässige Unternehmen steht allerdings im Verdacht, für die Produktion seiner Modeartikel auch auf Zwangsarbeit zu setzen.

Kritik erntet es außerdem für die Praxis, die Waren direkt aus China an ausländische Kunden zu versenden. Dadurch umgeht Shein Importzölle. Die Intransparenz gilt auch für die Geschäftsdaten. Bekannt ist nur, dass der Umsatz im Jahr 2022 rund 23 Mrd. Dollar betragen haben soll. In Deutschland setzt Shein wenig um, gibt aber nach Capital-Recherchen sehr viel Geld für Lobbyarbeit im Bundestag aus.

“Tiefgreifende ethische Probleme”

“Während New York nach wie vor eine große Anziehungskraft ausübt, werden die Pläne für eine Börsennotierung von Shein dort wohl von den Aufsichtsbehörden wegen der Verbindungen des Fast-Fashion-Riesen zu China blockiert”, sagt Streeter. Sie warnt zudem vor “tiefgreifenden ethischen Problemen” im Zusammenhang mit Investitionen in das Unternehmen. “Shein ist wegen der riesigen Mengen an billiger Kleidung, der mangelnden Transparenz in der Lieferkette und der Aneignung der Arbeiten anderer Designer in die Kritik geraten.

Angesichts dieser Bedenken könnten Anleger, die ESG auf ihrer Prioritätenliste haben, vorsichtig sein, wenn das Unternehmen in London an die Börse geht”, betont die Expertin. Neben ethischen Überlegungen könnte ein Investment in Shein auch wirtschaftlich wenig Sinn machen, warnt die Bank of America: “Was die Preisgestaltung angeht, so zieht die Niedrigpreisstrategie zwar Schnäppchenjäger an, drückt aber auch die Gewinnspannen der Händler auf diesen Plattformen.”

Der Artikel erschien zuerst bei Capital.de

This article was first published at www.n-tv.de

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