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Greenwashing im Emissionshandel: UNO will CO2-Schwindel bei Großkonzernen beenden

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Greenwashing im Emissionshandel: UNO will CO2-Schwindel bei Großkonzernen beenden

Seit Jahren stehen CO2-Gutschriften unter Verdacht, Chevron, Apple & Co. zu helfen, ihre Klimabilanz zu schönen. UN-Generalsekretär Antonio Guterres will den Milliardenmarkt nun aufmischen. Denn viele der Projekte sind reine Augenwischerei.

Ein Stahlhersteller, der in Indien die Luft verpestet, aber in die Wiederaufforstung des Regenwalds im Amazonas investiert. Ein Kraftwerksbetreiber aus Deutschland, der Solarzellen in Afrika finanziert. Oder ein Ölkonzern aus den USA, der Geld für Wasserkraft auf den Fidschi-Inseln gibt. An einem Ort gegen das Klima sündigen, aber anderswo Gutes für den Globus tun, das ist die Idee hinter CO2-Kompensation.

Doch was zu schön klingt, um wahr zu sein, ist es viel zu oft offenbar auch. Tech-Giganten, Öl- und Gasproduzenten und Energiekonzerne nutzen den Handel mit sogenannten CO2-Zertifikaten bislang massiv, um ihre Klimaversprechen zu erreichen. Sie beteuern, ihre Emissionen durch freiwillige Einsparungen rund um die Welt zu neutralisieren. Doch weil immer mehr Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Systems aufkommen, will die UNO dem globalen Ablasshandel nun offenbar einen Riegel vorschieben.

UNO-Generalsekretär Antonio Guterres will sich laut der britischen “Financial Times” gegen die weitere Anrechnung der CO2-Gutschriften bei der Bewertung der Klimaneutralität von Firmen aussprechen. Das geht aus Entwürfen einer Task Force zu den globalen CO2-Märkten hervor, die Guterres ins Leben gerufen hat und die die Zeitung einsehen konnte. Darin heißt es: “Verwendete CO2-Zertifikate (Carbon Credits) können nicht als eigene Emissionsminderung der Verschmutzer gezählt werden.”

Der Ausgleich ist oft Augenwischerei

Guterres ist schon länger als Kritiker von Klimakompensation bekannt. In einer Rede im vergangenen Jahr forderte er die Wirtschaft zu “echter Dekarbonisierung” auf und verlangte von Firmen, “dubiose Ausgleiche oder Carbon Credits” zu vermeiden. Zudem kommt den Treibhausgasemissionen von Großkonzernen enorme Bedeutung für das Weltklima zu: Glaubt man den Zahlen der gemeinnützigen Organisation “Carbon Disclosure Project”, sind nur 100 Firmen verantwortlich für mehr als 70 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen.

Der Vorstoß von Guterres könnte daher Folgen für den wachsenden Markt von CO2-Initiativen weltweit haben: Laut der Unternehmensberatung Boston Consulting Group soll er bis 2030 auf etwa 10 bis 40 Milliarden US-Dollar wachsen. Doch wenn das System den Segen der UNO verlieren sollte, wären viele der Projekte schlechter vermittelbar.

Zudem steht die UNO bislang eigentlich voll hinter dem internationalen Handel mit Klima-Gutschriften. Sie hat sogar ein eigenes E-Commerce-Portal eingerichtet, auf dem Konzerne, Organisationen oder Einzelpersonen CO2-Zertifikate kaufen können, um ihre Emissionen zu kompensieren. Umso bedeutsamer wäre daher eine Kehrtwende.

Milliardenschwindel mit dem guten Gewissen

Die Anbieter von solchen CO2-Gutschriften stehen schon lange in der Kritik, weil diverse Studien ergeben haben, dass ihre Angaben zu den eingesparten Treibhausgasen massiv übertrieben, nicht nachvollziehbar oder die Einsparungen nicht dauerhaft sind. Demnach sind im weltweiten CO2-Zertifikatemarkt schlechte oder betrügerische Projekte nicht die Ausnahme, sondern die Regel.

Eine Untersuchung des britischen “Guardian” etwa kam erst im vergangenen Jahr zu dem Schluss, dass selbst die 50 größten Klimaprojekte der Welt, die bislang die meisten Zertifikate verkauft haben, nur wenig bis gar nichts dazu beitragen, den globalen CO2-Ausstoß zu reduzieren. Rund vier Fünftel der Initiativen seien weitestgehend nutzlos, urteilte das Blatt. Dennoch hätten Konzerne dafür 1,16 Milliarden Dollar ausgegeben.

Das lag vor allem daran, dass Hinweise auf Lecks in den Anlagen gefunden worden wären, die Emissionen nur verlagert worden seien oder auch ohne das teure Investment stattgefunden hätten. Bei einem Wiederaufforstungsprojekt in Zimbabwe etwa seien die CO2-Einsparungen um das Fünf- bis 30-Fache übertrieben gewesen.

This article was first published at www.n-tv.de