Das Wichtigste in Kürze
Anlagestrategien mit Faktor-ETF
- Den Hintergrund kennen und verstehen.
- Bei den hier vorgestellten Anlagestrategien haben Finanzwissenschaftler Merkmale von Aktien analysiert, die in der Vergangenheit ein gutes Rendite-Risiko-Verhältnis hatten – und bei denen es plausibel ist, dass sie das auch in Zukunft haben werden. Diese Merkmale werden auch als Faktoren oder Smart Beta bezeichnet.
- Die richtigen ETF finden.
- Die vorgestellten Anlagestrategien können alle günstig und unkompliziert mit ETF umgesetzt werden. Informationen und Bewertungen zu den ETF und 8 000 weiteren Fonds und ETF finden Sie in unserem großen Fondsvergleich (mit Flatrate kostenlos).
- Nicht alles auf eine Karte setzen.
- Faktor-ETF sollten nur als Beimischung zu einem weltweit anlegenden ETF-Portfolio genutzt werden.
- Einen langen Atem haben.
- Anleger sollten nur in Strategien investieren, von denen sie inhaltlich überzeugt sind. Lange Durststrecken sind vorprogrammiert. Die müssen sie durchhalten. Eine Garantie auf Überrenditen gibt es nicht.
- Bequeme Alternative.
- Die vorgestellten Anlagestrategien sind für fortgeschrittene Anleger, die sich gerne mit ihrer Geldanlage beschäftigen. Entspannte Anlegerinnen und Anleger, die sich möglichst wenig kümmern wollen, brauchen nicht mehr als ein Pantoffel-Portfolio. Unser Special Geld anlegen mit Finanztest verrät, wie die Anlagestrategie der Stiftung Warentest funktioniert.
1. Die Value-Strategie
Als „Value-Aktien“ werden Aktien bezeichnet, deren Kurse im Vergleich zu den Fundamentaldaten des Unternehmens niedrig sind. Bei der Value-Strategie werden Aktien ausgesucht, die „günstig“ oder „unterbewertet“ sein sollen. Man bezeichnet sie auch als „Substanzwerte“. Bei der Analyse von Value-Aktien stehen die Unternehmensdaten im Fokus: Gesucht werden Aktien, deren Aktienkurs im Vergleich zum Unternehmenswert gering ist.
Eine klassische Möglichkeit, diese Aktien zu identifizieren, ist das Kurs-Buchwert-Verhältnis, bei dem der Börsenkurs einer Aktie dem Eigenkapital des Unternehmens pro Aktie gegenübergestellt wird. Manchmal werden auch mehrere Kennzahlen betrachtet.
Wichtig ist aber: Es gibt keinen Automatismus, dass „günstige“ Aktien irgendwann im Wert steigen. Auf den Aktienkurs eines Unternehmens gibt es diverse Einflüsse, die den Kurs sinken oder steigen lassen. Zudem kritisieren Experten, dass die klassische Value-Strategie etwas veraltet ist, da sie den Wert von immateriellen Gütern wie Lizenzen und Patenten nicht berücksichtigt, die aber bei vielen Unternehmen wertvoller sind als die Maschinen.
Finanztest-Kommentar: Wer die Value-Strategie verfolgt, muss Durststrecken über lange Zeiträume einplanen, in denen die Rendite schlechter ist als der Markt. Das müssen Anleger aushalten können, wenn sie diese Strategie umsetzen wollen. Immaterielle Vermögenswerte werden nicht berücksichtigt.
2. Die Small-Cap-Strategie
Als Small Caps bezeichnet man kleinere Aktiengesellschaften. In verschiedenen Auswertungen wurde gezeigt, dass die kleinen Aktiengesellschaften in der Vergangenheit höhere Renditen abgeworfen haben als große. Eine gängige Erklärung für die höhere Rendite ist, dass kleine Unternehmen nicht so gut handelbar sind. Zudem haben Small Caps ein höheres Risiko als „große“ Unternehmen.
Allerdings: Der in den wissenschaftlichen Untersuchungen gemessene „Small Cap“-Effekt ist vor allem ein „Micro-Cap“-Effekt, der also bei den allerkleinsten, schlecht handelbaren Aktien festgestellt wird. Micro Caps sind aber über Fonds nicht sinnvoll investierbar und es gibt keine ETF darauf.
Finanztest-Kommentar: Auch wenn die Renditen der „Small Caps“ nicht in jeder Phase überzeugen, eignet sich eine Beimischung. Im MSCI World-ETF sind keine „kleinen“ Unternehmen vertreten, so dass Anleger ihr Portfolio damit breiter aufstellen können. Eine Beimischung von 10 bis 15 Prozent ist sinnvoll.
Tipp: Wie Sie mit ETF auf Schwellenländer-Indizes Vielfalt ins Portfolio bringen, zeigt unser Special ETF Emerging Markets Small Cap.
3. Die Momentum-Strategie
Die Momentum-Strategie setzt auf die Aktien, deren Kurse in letzter Zeit am stärksten gestiegen sind. Damit ist die Momentum-Strategie keine besonders ausgetüftelte Strategie – aber in der Vergangenheit funktionierte sie super. Eine Erklärung für das Funktionieren der Strategie könnte sein, dass auch viele professionelle Anleger einfach die Aktien kaufen, die in der jüngeren Vergangenheit gut liefen und den Aktien damit weiteren Auftrieb verleihen.
Finanztest-Kommentar: Momentum ist mit Blick auf Ergebnisse der Vergangenheit eine beeindruckende Strategie. Sie erzielte sehr oft bei ähnlichem Risiko mehr Ertrag als der breite Markt. Da aber unklar ist, ob das auch in Zukunft so bleibt, sollten Anleger nicht nur auf diese Strategie setzen. Als Beimischung können Anleger entsprechende ETF aber nutzen.
4. Die Low-Volatility-Strategie
In der klassischen Variante werden für die Low-Volatility-Strategie Aktien mit besonders niedriger Volatilität ausgewählt. Die Volatilität misst das Ausmaß der Schwankungen eines Aktienkurses. In der statistisch etwas anspruchsvolleren Variante wird ein Korb an Aktien gebildet, der in seiner Gesamtheit eine möglichst niedrige Volatilität hat. Die Welt-ETF auf dem deutschen Markt werden nach dieser Korb-Variante gebildet. Auch wenn die Strategie es tatsächlich schafft, weniger schwankungsanfällig zu sein, kann die Rendite besonders in Erholungsphasen deutlich hinter dem breiten Markt herhinken.
Finanztest-Kommentar: Die Verminderung des Risikos bei dieser Strategie hat den Preis, dass auch die Performance phasenweise deutlich reduziert ist. Auch über längere Zeiträume kann das Rendite-Risiko-Verhältnis dann schlechter als beim MSCI World sein. Defensive Anleger können die Strategie beimischen.
5. Die Dividenden-Strategie
Bei der Dividenden-Strategie werden Aktien ausgewählt, die eine hohe Dividenden-Rendite versprechen. Oft zieht man dazu weitere Bedingungen heran, zum Beispiel, dass diese Dividenden stetig gestiegen sein müssen. Oder dass die Dividendenrendite im Verhältnis zum Aktienkurs nicht deswegen hoch sein darf, weil der Aktienkurs vor kurzem stark gesunken ist.
Finanztest-Kommentar: Dividenden-Strategien sind ein Liebling des Fonds-Marketings, da sie sichere, regelmäßige Ausschüttungen versprechen. Es gibt aber keinen objektiven Grund, sich als Anleger nur auf diese Art der Rendite zu konzentrieren. Ob Dividenden-Strategien tatsächlich langfristig besser als der Markt laufen, ist unsicher. Wir betrachten sie nicht als überlegene Strategie. Anleger, die von der Strategie überzeugt sind, können sie aber zu ihrem Welt-ETF beimischen.
6. Die Quality-Strategie
Bei der Quality-Strategie geht es um die betriebswirtschaftliche Qualität der Aktien. Dazu werden unterschiedliche Unternehmenskennzahlen betrachtet. Beim MSCI World Quality Index sind das zum Beispiel: Eigenkapitalrendite, stabiles Gewinnwachstum und der Verschuldungsgrad. Unternehmen, die bei diesen Merkmalen positiv abschneiden, werden in einen Quality-Index aufgenommen.
Finanztest-Kommentar: Aufgrund des jungen Alters der Strategie und der abgebildeten Indizes sollten Anleger auch hier nicht alles auf eine Karte setzen. Anleger sollten Quality-Strategien nur beimischen. Die Zusammensetzung der Quality-Indizes ist nicht einheitlich geregelt. Es lohnt sich also für Anleger, diese zu vergleichen.
Strategie-Indizes im Vergleich
Unser Chart zeigt, wie sich die Strategien seit 2000 in Prozent im Vergleich zum MSCI World geschlagen haben:
ETF für Anlagestrategien
Zu allen sechs vorgestellten Strategien gibt es ETF, die diese Strategien für eine weltweite Aktienanlage umsetzen. Wenn Sie auf die Links in der untenstehenden Tabelle klicken, landen Sie in unserer Fonds-Datenbank. Viele Basisinfos dort sind kostenfrei; die Finanztest-Bewertungen erfahren Sie, wenn Sie den kostenpflichtigen Fondsvergleich freischalten.
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