“Eine Katastrophe”: Wieso wollen deutsche Autokonzerne keine Strafzölle gegen Chinesen?

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Die USA errichten Zollmauern gegen E-Autos aus China, die EU wird wohl folgen. Deutsche Hersteller lehnen Schutzzölle dagegen vehement ab. Auch Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer hält wenig von der Idee.

Die USA verhängen Strafzölle in Höhe von 100 Prozent auf in China produzierte Elektroautos und die EU könnte bald nachziehen. Seit Herbst untersucht die EU-Kommission, ob E-Autos aus der Volksrepublik von illegalen Subventionen profitieren und deshalb viel billiger angeboten werden können als Autos der europäischen Hersteller. Anfang Juni wird der Zwischenbericht vorgelegt – dass dann vorläufige Strafzölle angekündigt werden, ist durchaus wahrscheinlich.

Die deutschen Autokonzerne halten das für eine schlechte Idee. Sollte es tatsächlich zu den Anti-Dumping-Zöllen kommen, werde das der deutschen Industrie viel mehr schaden als als den chinesischen Konkurrenten, sagte BMW-Chef Oliver Zipse und warnte vor unerwünschten Nebeneffekten. Ein Grund: Rund die Hälfte der aus China in die EU verkauften E-Autos werden dort von europäischen Herstellern gebaut, vor allem aus Deutschland.

BMW importiert aus China etwa die elektrische Version des Mini sowie den iX3 nach Europa, Volkswagen produziert beispielsweise das Cupra-Elektro-SUV Tavascan in der Volksrepublik für den Weltmarkt. Mercedes fertigt dort den Kleinwagen Smart in einem Joint Venture mit Geely – die Chinesen sind Großaktionär beim deutschen Unternehmen. Nur die ebenfalls chinesische BAIC hat einen noch größeren Anteil.

Strafzölle der EU würden also auch deutsche Hersteller treffen. Außerdem fürchten sie Vergeltungsmaßnahmen. China ist der weltweit größte Absatzmarkt für Autos und hat für die deutschen Konzerne – im Gegensatz etwa zu französischen Herstellern – eine enorme Bedeutung. Der Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), Dirk Jandura warnte deshalb vor protektionistischen Maßnahmen. Es gebe kein einziges Auto in der EU ohne Teile aus China, sagte er dem “Redaktionsnetzwerk Deutschland”. Auch deutsche Hersteller importierten ihre Elektromodelle aus China. “Wir würden uns also ins eigene Fleisch schneiden. Wir müssen den Wettbewerb annehmen. Und wir müssen für faire Wettbewerbsbedingungen kämpfen.”

“Fürchte den Wettbewerb nicht”

Mercedes-Chef Ola Källenius will vor diesem Hintergrund keine Zollschranken und forderte, die bestehenden Zölle lieber zu senken. Protektionismus sei der falsche Weg, sagte er der “Financial Times”. Mehr Wettbewerb aus China würde den europäischen Automobilherstellern helfen, langfristig bessere Autos zu bauen. Derweil betonte VW-Chef Oliver Blume: “Ich fürchte den Wettbewerb mit chinesischen Marken in Europa nicht.”

“Für die deutsche Autoindustrie wären Strafzölle auf chinesische E-Autos eine Katastrophe”, sagt Ferdinand Dudenhöffer ntv.de. Er ist Direktor des Center Automotive Research in Bochum. China sei der größte Luxusmarkt der Welt. “Nicht auszudenken, was Gegenmaßnahmen der Chinesen für Porsche, Mercedes, BMW, Audi bedeuten. Das wird die deutsche Autoindustrie sehr hart treffen und gleichzeitig die Elektromobilität in Europa zurückwerfen, denn preisgünstige Elektroautos für Autokäufer bleiben dann Wunschvorstellung.”

Gleichzeitig würden die chinesischen Firmen in hohem Tempo in Ost-Europa Fabriken aufbauen und so den deutschen Autobauern Paroli bieten, so Dudenhöffer. Das könnte mittelfristig tausende Arbeitsplätze in der deutschen Autoindustrie kosten. Statt Strafzölle einzuführen, müsse langfristig in Forschung, Entwicklung und Innovation investiert werden. Kurzfristig solle der Absatz von E-Autos mit Kaufprämien unterstützt werden – damit der “Hochlauf der deutschen Autobauer schneller geht.”

This article was first published at www.n-tv.de

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