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Abgas-Prozess gegen Ex-VW-Chef: Winterkorn bestreitet Vorwürfe: “Bin kein Softwareexperte”

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Abgas-Prozess gegen Ex-VW-Chef: Winterkorn bestreitet Vorwürfe: “Bin kein Softwareexperte”

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Wegen der millionenfachen Manipulation von Dieselfahrzeugen muss sich der ehemalige Volkswagenchef Martin Winterkorn vor Gericht verantworten. In seiner Erklärung gibt er sich unwissend – und bedauert das unrühmliche Ende seiner Karriere.

Der frühere VW-Vorstandchef Martin Winterkorn hat sich im Strafprozess gegen ihn von der Anklage betroffen gezeigt. “Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft, ich hätte in meiner Aufgabe als Vorstandsvorsitzender gebotene Handlungen unterlassen, Kunden und Aktionäre getäuscht und geschädigt und mich damit strafbar gemacht, trifft mich – am Ende meines beruflichen Weges – ganz erheblich”, sagte der Anklagte vor dem Landgericht Braunschweig.

In seinem Eingangsstatement wies der 77-Jährige sämtliche Vorwürfe der Anklage zurück. Das sei nicht die Haltung, die er in fast 15 Jahren als Vorstandsvorsitzender an der Spitze von Audi und Volkswagen eingenommen habe. “Das entspricht auch nicht meinem Verständnis, wie man in dieser Funktion seine Pflichten erfüllt”, sagte Winterkorn. Ihm werden in dem Strafprozess gewerbsmäßiger Betrug, Marktmanipulation und uneidliche Falschaussage vorgeworfen. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Winterkorn betonte, er habe als Konzernchef in erster Linie strategische Entscheidungen getroffen: “Dagegen ist es nicht Aufgabe eines Vorstandsvorsitzenden, einzelne Herausforderungen an eine technische Entwicklung persönlich zu bewältigen.” Er sei in die Entscheidungen über die Entwicklung und den Einsatz einer “irregulären Softwarefunktion bei den neuen VW-Dieselmotoren nicht eingebunden” gewesen, sagte Winterkorn in seinem langen Statement weiter, das in Teilen auch von seinen Anwälten vorgelesen wurde.

“Ich bin kein Motorenentwickler, ich bin kein Spezialist für Abgasreinigung und auch kein Softwareexperte, der sich mit der Steuerung von Motoren und Abgasreinigungssystemen befasst hat.” Folglich habe er damals auch nicht verstanden, worin die technischen Probleme lagen. Er habe auch nicht erkannt, “dass VW schon seit einigen Jahren mit regelwidrigen Softwareapplikationen in den USA auf dem Markt war”. Dazu erforderliche Erläuterungen seiner Techniker habe er nicht erhalten.

Winterkorn: Habe Verantwortung übernommen

Er habe mit seinem Rücktritt 2015 und auch finanziell “Verantwortung für dieses Desaster” übernommen. “Ich halte es aber für fernliegend, mir einen strafrechtlichen Vorwurf zu machen, wie es die Staatsanwaltschaft Braunschweig mit ihren Anklagen versucht.”

VW hatte 2015 nach Ermittlungen in den USA zugeben müssen, in Millionen Dieselfahrzeugen weltweit eine illegale Software eingebaut zu haben, die die Abgaswerte auf dem Prüfstand senkt – im realen Betrieb waren sie deutlich höher. Die betroffenen Autos hätten nicht zugelassen werden dürfen.

Zuvor hatte Winterkorns Verteidigung die gegen den Angeklagten vorgebrachten Anschuldigungen zurückgewiesen. Sie seien “wenig bis gar nicht belegt”, sagte sein Anwalt Felix Dörr. Die Anklage sei “wenig ergiebig”, sie blende technische Fragen komplett aus und auch die “überwältigenden Zahlen” der mutmaßlich von der Schummelsoftware betroffenen Autos bedürften der Einordnung.

“Die Anklageschrift enthält so gut wie keine Ausführungen zur Frage, was genau in den Motoren eigentlich ‘defeat’ gewesen sein soll”, führte Dörr aus und bezog sich damit auf die verbotene Abschalteinrichtung. Das werde nur “behauptet”. Was ebenfalls fehle, sei eine Betrachtung der Verwaltungspraxis in den USA, sagte der Verteidiger weiter. Der Prozess hatte am Dienstag begonnen. Angesetzt sind bis zum Herbst kommenden Jahres rund 90 Verhandlungstermine.

This article was first published at www.n-tv.de